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Gleiches Recht für alle Klänge

Es geht um die Überwindung der alten Klanghierarchie und Erweiterung des Musikbegriffs, der faktisch alle auf der Welt vorhandenen Klänge als Musikmaterial anerkennt, gleichwertig und egal, ob von Instrumenten der traditionellen abendländischen Musik, den Instrumenten der anderen Musikkulturen oder aus der natürlichen oder technischen Umwelt.
Foto: Beate Wassermann

„Das Neue Lied von der Erde“

gewidmet Gustav Mahler und seinem „Lied von der Erde“ für Gesang und großes Orchester (1908)
1981

Mein erstes Experiment zur Überwindung der alten Klanghierarchie, die nur die traditionellen Kulturinstrumente und Räume anerkannte. Wind, Vögel etc. statt Geigen und Flöten? Ja, eine neue Symphonie!

Das erste Mal Cello spielend außerhalb eines klassischen Konzertsaals, in der freien Natur, in den Bergen der Abruzzen, unter freiem Himmel, verbunden mit der Erde und ihren Geräuschen, dem Wind, dem Rauschen der Bäume und Gräser, den Vogelstimmen und Grillen, im feien Dialog, Celloklänge der Erde, der Welt anbietend und reagierend auf ihre mich umgebenden Klänge.

Ein kleines „Konzert“ (ohne Publikum) nur für und mit der Erde, während eines Stipendienaufenthaltes in der „Villa Serpentara“ in Olevano Romano, südöstlich von Rom, Italien, vergeben von der Berliner Akademie der Künste.

Später führte ich für solche dialogische Musik-Situationen den Begriff Cello-Klangperformance ein.

Foto: Jost Gebers

Cello-Klangperformance

Festival Total Music Meeting, FMP, Berlin
1985

Ein Experiment, den Raum zu erspüren und ihn mit Klang zu füllen, eine Aktion für und zugleich eine energetische Reaktion auf das Publikum.

Violoncello Solo im Saal des „Quartier Latin“, eine Improvisation.

Foto: Ingrid Naujok
Foto: Steffi Loos

„singing with whales“

Solo-Aufführung von Werken für Violoncello und elektronische und elektro-akustische Musik.
Angestelltenkammer, Bremen
Schreberbad, Leipzig
1992 / 2007

Im Sinne eines erweiterten Musikbegriffs, der faktisch alle auf der Welt vorhandenen Klänge als Musikmaterial anerkennt, gleichwertig und egal, ob von Instrumenten der traditionellen abendländischen Musik, den Instrumenten der anderen Musikkulturen oder aus der natürlichen oder technischen Umwelt, war mir auch der Dialog mit Tierstimmen wichtig. Hier dann die Begegnung mit den Gesängen der Wale, den größten auf der Erde vorkommenden Tierwesen.

Als ich auf einer USA-Tournee 1984 bei einem befreundeten Musiker dort eine Schallplatte mit diesen Walstimmen hörte, aufgenommen von Zoologen, Walforschern, empfand ich sofort, dass eine Durchdringung der Klangfarben des Violoncellos mit diesen unglaublichen Frequenzen der von den Walen erzeugten Klänge sicher sehr eindrucksvoll wäre und dass das eben nicht nur eine Bereicherung der bisherigen Menschenmusik wäre, sondern dass das auch einen größeren Respekt vor diesen Tierwesen beim Hörer erzeugen würde. So bestellte ich mir, wieder in Hamburg zu Hause, diese Schallplatte aus den USA und erzeugte mit Tonbandschnitt drei ausgewählte Sequenzen, die dann Grundlage für den musikalischen Dialog wurde.

1992 in der Angestelltenkammer, Bremen performte ich Werke für Violoncello und elektronische und elektro-akustische Musik, u.a. das Werk „singing with whales“, op. 60 / 1986, für Violoncello und originale Walgesänge (vom Tonband über Lautsprecher eingespielt).

2007 fand eine weitere der vielen Werkaufführungen von „singing with whales" während einem nächtlichen „Open Air“ im Schreberbad beim Festival des „Forum Zeitgenössischer Musik Leipzig“ statt.

Eine Live-Mitschnitt dieses Werkes vom „1. Internationalen Gaia-Festival“ in Gelsenkrichen am 11.09.1992 ist hier zu hören:
https://soundcloud.com/wittwulf/singing-with-whales
(Dauer: 14:21 Minuten)

Ein Radiointerview von Dr. Wolf-Christoph Schönburg über die Verbindung von Tierstimmen und instrumentaler experimenteller neuer Musik mit dem Komponisten Wittwulf Y Malik, Sendung am 10.9.1997 im WDR 3 (Dortmund), mit einem Ausschnitt von 5:00 Minuten aus der Gesamtsendung ist hier zu hören:
https://soundcloud.com/wittwulf/malik-radioportrait-wdr3-1997

Foto: Martine Stirling

Cello-Klangperformance in der freien Natur

Maggia-Tal, Tessin, Schweiz
Multimedia-Ausstellung in Bethlehem/Palästina
2001 / 2006

Ein weiteres Experiment zur Überwindung der alten Klanghierarchie, die nur die traditionellen Kulturinstrumente und Räume anerkannte.

Ähnlich wie in dem Klangprozess „Das neue Lied von der Erde“ von 1981 ergab sich hier eine Synthese des Klanges des Violoncellos mit den Umweltklängen: das zarte Rauschen des Windes, die Vogelstimmen und natürlich vor allem das Rauschen des Wassers der Maggia. So war sowohl konkret wie auch symbolisch die ganze Schöpfung bei diesem Geschehen anwesend.

2001 im Tessin, hoch in den Alpen, oberhalb von Locarno begleitete ich mit dem Violoncello Freunde bei ihrer Natur-Trauung. So saß ich zum Spielen mit meinem Instrument hoch auf einem Felsen, während unter mir im Geröll des Flussbettes der Maggia das ungewöhnliche Ritual stattfand.

2006 wurde ich zu einer Multimedia-Ausstellung mit dem Titel „Selbstportrait für Bethlehem“ in Bethlehem/Palästina eingeladen. Dafür bearbeitete ich dies Foto als Standbild zu einem kleinen Video, indem ich innerhalb einer Minute nur das Licht von hell zu dunkel und wiederum zu hell veränderte, als ob die Situation von Tag zu Nacht und wieder zum Tag sich entwickelte. Dieses Werk mit dem Titel „Peace music in the Alpes”, op. 134,2 / 2006, mit Violoncello, ist hier zu sehen und zu hören:
https://www.youtube.com/watch?v=-LQI_fZC_Wo
(Dauer: 58:24 Sekunden)

Foto: Dieter Gerschler

„Hafensymphonie“

op. 125 / 2002, für Violoncello und Tonband (elektro-akustische Klänge vom Hamburger Hafen).
Kapelle p-40, Hamburg
2008

Im Gegensatz zu den bisher vorgestellten Werken mit ihrem Bezug zu Naturklängen verarbeitet die „Hafensymphonie“ vornehmlich Klänge der städtisch-technischen Umwelt. Es gibt einiges aus dem Hamburger Hafen zu hören: Schiffssirenen, Gebrumm von Schiffsdieselmotoren, Wellenklatschen an einer Bordwand, nächtliches Quietschen von Pontons, Wellensound am Strand der Övelgönne, Möwengeschrei und spielerisch im Abschiedsmodus wieder ein bisschen Walgesang dazu. Darauf geht das Violoncello mit seinen vielfachen Farben und seinem weiten Frequenzbereich ein. So entfaltet sich diese Symphonie (ein Zusammenklingen) mit den Klängen eines traditionellen klassischen Instrumentes und den vielfältigen Klängen/Geräuschen aus unserer technischen Umwelt.

2008 führte ich die „Hafensymphonie“ während eines Solokonzertes mit eigenen Werken für Violoncello und Elektronik unter der Video-Projektion diverser eigener Musikvideos im Rahmen der Veranstaltung des „KuBaSta e.V.“ in der „Kapelle p-40“ in Hamburg auf.

Dieses Werk ist hier zu hören: https://soundcloud.com/wittwulf/hafensymphonie-op-125-2002
(Dauer: 11:45 Minuten)

Im Jahr 2011 erarbeitete ich dann ein Video mit dieser Musik, indem ich ein Panoramafoto vom Elb-Strom, was ich im Winter im Sonnenuntergang von der Aussichtsplattform der Hamburger Hauptkirche St. Michaeliskirche gemacht hatte, als Bildbasis benutzte. Dieses Foto ist dann digital bearbeitet und sequenziert, so dass sich verschiedene ineinanderfließende Lichtstimmungen ergeben. Bei einer Sequenz übermalte ich mit rotem Pinsel Fotoabzüge, die dann wieder eingescannt und eingefügt wurden.

Dies Video ist hier zu sehen und zu hören: https://vimeo.com/31223197
(Dauer: 11:45 Minuten)